Landesposaunenwart von ganzen Herzen
Lieber Johannes Kunkel,
oder: lieber Q, wie du dich selbst gerne abkürzt,
nach 35 Jahren Dienst als Landesposaunenwart der EKHN für die Bezirke Südnassau und Rheinhessen wirst du nun in den wohlverdienten Ruhestand entlassen.
35 Jahre als Landesposaunenwart – was bedeutet das eigentlich? Ich habe in letzter Zeit Revue passieren lassen, was du in dieser Epoche alles geleistet hast. Man sollte vorab noch bemerken, dass du deinen Beruf gerne als „Landesposaunenonkel“ bezeichnest, um zu demonstrieren, dass du nicht der König in deinen Bezirken sein möchtest. Jener Ausdruck beschreibt auch ganz gut deine Persönlichkeit zu der Zeit, als ich dich kennen lernte. Du warst immer zu Scherzen aufgelegt, hast jeden Klamauk mitgemacht, warst dir nicht zu schade, bei den Abschlussabenden aus vollem Hals „O elele“ zu grölen, bist dabei aber immer mit Leib und Seele in der Arbeit mit den Posaunenchören aufgegangen. Du hast das Motto „Gott loben, das ist unser Amt“ gelebt.
Zur Arbeit eines Landesposaunenwartes gehören regelmäßige Veranstaltungen wie Lehrgänge und Freizeiten. Da hat sich mit der Zeit ein bewährter Kanon herausgebildet an Seminaren für Posaunenchorleitung, an Lehrgängen für das hohe und tiefe Blech, für Fortgeschrittene und erst Beginnende. Und das i-Tüpfelchen war immer der Lehrgang „Blues and More“, bei dem du dir Dozenten aus dem Bereich des Jazz geholt hast wie Jürgen Hahn oder Ingo Luis.
Für die Freizeiten hast du immer schöne Urlaubsregionen und komfortable Häuser gefunden. Die Ziele haben sich hin und wieder geändert, damit es immer noch Neues zu entdecken gab. Nur die Freizeit auf Borkum ist eine Konstante geblieben. Wir haben immer gerne unseren Familienurlaub mit dir verbracht und auf das „Boing“ zum Beginn einer Ansage gewartet.
Die Highlights in deiner Arbeit waren besondere Ereignisse wie Posaunentage und andere Blech-Events, die mit viel Phantasie und Begeisterung geplant und durchgeführt wurden. Im Einklang mit der Öffentlichkeitsarbeit der EKHN wurden da publikumswirksame Veranstaltungen durchgeführt. Du hattest schon immer eine Vorliebe für Aktionen, bei denen es aus allen Ecken tönt. Bei der Planung und Durchführung dieser Veranstaltungen wurdest du natürlich von deinen Bezirksvorständen unterstützt. Aber den Löwenanteil hast immer du als Hauptamtlicher und Hauptverantwortlicher getragen.
Besondere Freude hat dir die Arbeit mit deinem Auswahlensemble gemacht, dem Bläserkreis des Posaunenwerkes der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, was wir mit einem Augenzwinkern zu BiHuN abgekürzt haben. Dabei war es dir immer wichtig, dass du Leute um dich versammelst, die auch wirklich aus Posaunenchören kommen. In den 34 Jahren, die BiHuN bestand, haben wir etwa 260 Auftritte absolviert. Es gab dabei besondere Highlights, beispielsweise wenn wir mit einem Solisten musiziert haben. Besonders häufig war das mit dem Jazz-Trompeter Jürgen Hahn, was nicht nur vom Namen her gut gepasst hat. Auch sind wir mit einem anspruchsvollen Programm für Bläser und Orgel und dem Orgelbeauftragten Thomas Wilhelm durch halb Hessen gereist und haben viele Orgeln kennengelernt. Besondere Ereignisse waren für uns außerdem gemeinsame Konzerte mit den Auswahlensembles aus dem Rheinland und der Pfalz. Mit der Auflösung von BiHuN geht eine Ära zu Ende.
Schon an dieser Aufzählung merkt man, dass du gerne mit anderen Menschen zusammenarbeitest. Ob es sich um Kolleginnen und Kollegen im Zentrum Verkündigung handelt, Profi-Musiker, von denen wir gemeinsam gelernt haben, oder Posaunenwartskolleginnen und -kollegen aus ganz Deutschland, bei allen bist du gerne gesehen und sie arbeiten gerne mit dir zusammen. Nur dadurch war es überhaupt möglich, dass Helga Hoogland und Traugott Baur aus Freundschaft eingesprungen sind, als du durch Krankheit verhindert warst, eine Freizeit zu leiten. Leider haben nicht alle deine Kollegialität angenommen und gerade die Zusammenarbeit mit den direkten Kollegen gestaltete sich sehr schwierig. Das jahrelange Mobbing hat dir ziemlich zu schaffen gemacht. Zur Arbeit eines Landesposaunenwartes gehört auch Mitarbeit in Gremien wie dem Landesposaunenrat. Da gab es Zeiten, zu denen du und auch wir als die Vertreter der Bezirke nur sehr ungern dort teilgenommen haben. Die Tatsache, dass wir dort ausgegrenzt wurden, hat uns aber umso fester zusammengeschweißt, so dass eine feste Freundschaft zwischen deinen Bezirken Südnassau und Rheinhessen entstanden ist.
Du hast auch sonst Schweres durchgemacht. Der Schlaganfall vor acht Jahren hat dich sehr ausgebremst. Du musst seither langsamer tun, vieles strengt sehr an. Dass du gerade in dieser Zeit dann noch Starkenburg als dritten Bezirk dazubekommen hast und du dich auch dort wirklich noch eingearbeitet und engagiert hast, verdient unsere Hochachtung!
Musikalisch wolltest du die Posaunenchöre herausholen aus dem ungenauen Spielen. Du hast für dich die Liebe zum Jazz entdeckt und versucht, dessen Grundzüge in die Posaunenchöre zu bringen. Deine „Arbeitshilfe zum Einblasen“ wurde im Laufe der Zeit immer wieder überarbeitet und verbessert. Beim Musizieren mit den Posaunenchören ist es dir sehr wichtig, dass das Metrum durchgeht und der Rhythmus stimmt. Immer werden Sprechübungen mit „Omama omama ta“ und „Gamaraba“ gemacht. Und wenn mal ein Griff nicht stimmt, gilt das Motto von 2008: SCHEISS auf den FALSCHEN Ton.
Du bist ein Mensch mit viel Familiensinn. Dein Sohn ist dein ganzer Stolz und war lange Jahre auf den Freizeiten dabei. Auch für deine Eltern und Geschwister haben wir musiziert und das Gedenkkonzert für deine Eltern in Fulda wird mir immer in besonderer Erinnerung bleiben. Und wir freuen uns, dass du mit Alex eine liebe Frau gefunden hast, die dich unterstützt.
Ich bin dankbar, dass ich die gesamten 35 Jahre an deiner Seite verbringen durfte. Als Teilnehmerin in deinem ersten eigenen Chorleitungskurs wurde ich von Kameraden überredet, mit zu dem neuzugründenden Auswahlchor zu kommen. Ich habe mir das mal angeschaut und bin bis heute geblieben. Fortgebildet habe ich mich auf deinen Lehrgängen und seit zwanzig Jahren arbeite ich im Bezirksvorstand mit. Unser gemeinsames Projekt aber ist die Website, die vor genau 25 Jahren als Website des Posaunenwerkes erstellt wurde. Gerade in den Anfangsjahren war sie sowohl inhaltlich als auch technisch ziemlich vorbildlich. Inzwischen habe ich mich beruflich anders orientiert, auch wurde die Seite im Laufe der Querelen zur Bezirksseite degradiert und müsste eigentlich mal total überholt werden…
Was prägt deine Arbeit? Du hast nicht nur immer gerne mit anderen Menschen gemeinsame Projekte gemacht, du hast auch die Posaunenchöre miteinander vernetzt. Der Landesposaunenonkel ist selten zum Chorbesuch zu nur einem einzigen Chor gekommen, sondern es haben sich regelmäßige Nachbarschaftsproben etabliert. Man lernt sich untereinander kennen, man weiß, wen man fragen kann, wenn eine Aushilfe benötigt wird. Das ist auch gerade in zukünftigen Zeiten notwendig, wo wir keinen eigenen Posaunenwart mehr haben werden, sondern es nur noch einen einzigen Referenten für Posaunenchorarbeit in der ganzen Landeskirche geben wird.
Die Posaunenchöre in deinen Bezirken, die Teilnehmerinnen und -teilnehmer deiner Veranstaltungen, die Mitglieder der Bezirksvorstände, die BiHüNer -– wir alle bedanken uns ganz herzlich für diese 35 Jahre engagierter Arbeit als Landesposaunenwart!
Und was uns tröstet: Die Entpflichtung ist noch nicht der Abschied. Dein Beruf liegt dir so sehr am Herzen, dass du die Teile, die dir Spaß machen, auch weiterführen möchtest. Du wirst auch in Zukunft Mitglied unseres Bezirksvorstandes sein. Es wird weiterhin Posaunenchorfamilienfreizeiten geben. Daran merkt man, dass du von ganzem Herzen dabei bist, denn, wie du in deiner Selbstdarstellung schreibst: Landesposaunenwart ist dein Lieblingsberuf.
Wir wünschen dir noch lange Kraft und Freude dabei!
Dr. Ulrike Klein
Stellvertretende Vorsitzende des Bezirks Südnassau
BiHuN